Wer kennt die Sehnsucht nicht, nach einem geliebten Menschen, dem angestrebten Erfolg, einem fernen Land, der Heimat oder einem Wiedersehen? Wir alle kennen sie und deshalb fühlen wir uns durch dieses Gedicht Goethes im Herzen angesprochen. Bei ihm ist es das Klagelied eines jungen Mädchens, das in seinem Roman Wilhelm Meisters Lehr- und Wanderjahre eine führende Rolle spielt. Das Mädchen von unklarer Herkunft hat nur den einen, den es liebt und den es mal Vater, mal Beschützer, mal Geliebter nennt. Mit ihm will sie wieder zusammen sein und, wie sie dort auch sagt, "gemeinsam in das Land ihrer Träume ziehn".
Florian Russi
Nur wer die Sehnsucht kennt,
weiß was ich leide!
Allein und abgetrennt
Von aller Freude,
Seh ich ans Firmament
Nach jener Seite.
Ach! der mich liebt und kennt,
Ist in der Weite!
Es schwindelt mir, es brennt
Mein Eingeweide.
Nur wer die Sehnsucht kennt,
Weiß, was ich leide!
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Vorschaubild: Sehnsucht, Gemälde von Oskar Zwintscher, 1895 via Wikimedia Commons Gemeinfrei.