Während seiner Studentenzeit, die er in Leipzig und Straßburg verbrachte, war Johann Wolfgang von Goethe dem geselligen Treiben des damaligen akademischen Lebens durchaus zugetan. Er zechte, schwadronierte, hatte Amouren und betrieb ein lockeres „Studium generale". Dabei lernte er wohl mehr für sein eigenes Leben als durch das Studium der Jurisprudenz. Als Notar in Haguenau, Amtsrichter in Frankfurt oder Rechtsanwalt in Wetzlar mag man sich ihn jedenfalls nicht vorstellen.
In seinem 1810 entstandenen Lied „Ergo bibamus" hat sich Goethe, damals 61-jährig, an sein freizügiges Universitätsleben erinnert. Die Melodie dazu schrieb 1813 der 1775 in Weimar geborene Komponist und Dirigent Traugott Maximilian Eberwein.
Florian Russi
1.
Hier sind wir versammelt zu löblichen Tun,
Drum Brüderchen, ergo bibamus!
Die Gläser, sie klingen, Gespräche, sie ruhn;
Beherziget: ergo bibamus!
Das heißt noch ein altes, ein tüchtiges Wort
Und passet zum ersten und passet sofort
Und schallet ein Echo, vom festlichen Ort,
|: Ein herrliches: ergo bibamus! :|
2.
Ich hatte mein freundliches Liebchen gesehn,
da dacht' ich mir: Ergo bibamusI
und nahte mich freundlich, da ließ sie mich stehn;
ich half mir und dachte: Bibamus!
Und wenn sie versöhnet euch herzet und küßt
und wenn ihr das Herzen und Küssen vermißt,
so bleibet nur, bis ihr was Besseres wißt,
|: beim tröstlichen Ergo bibamus! :|
3.
Mich ruft mein Geschick von den Freunden hinweg;
Ihr Redlichen, ergo bibamus!
Ich scheide von hinnen mit leichtem Gepäck,
Drum doppeltes: ergo bibamus!
Und was auch der Filz vom Leibe sich schmorgt,
So bleibt für den Heitern doch immer gesorgt,
Weil immer dem Frohen der Fröhliche borgt:
|: Drum, Brüderchen: ergo bibamus! :|
4.
Was sollen wir sagen zum heutigen Tag?
Ich dächte nur: ergo bibamus!
Er ist nun einmal von besonderem Schlag,
Drum immer aufs neue: bibamus!
Er führet die Freunde durchs offene Tor,
Es glänzen die Wolken, es teilt sich der Flor,
Da leuchtet ein Bildchen, ein göttliches vor,
|: Wir klingen und singen: bibamus! :|