Es ist ein Lied, das seit den 1920ern in zahlreichen Liederbüchern auftaucht und mit seiner beschwingten Melodie zu gemeinschaftlichem Wandern lockt. Wer die täglichen Sorgen für einen Augenblick vergessen möchte, der findet Erlösung in dem Zauber der Natur und ihrer Schwerelosigkeit. Entstanden sind Melodie und Text jedoch nicht in Deutschland, sondern in Schweden.
Der ursprüngliche Titel lautete Gångsång und entsprang dem schöpferischen Geist des Malers und Dichters Olof Thunman. 1908 wurde das Lied im Abraham Lundquist Verlag veröffentlicht. Die erste deutsche Übersetzung erschien in Die 14. Folge führ hohe und tiefe Stimmen, einer Reihe mit Lautenliedern des Münchner Kabarettisten Robert Kothe. Der Titel wurde allerdings in „Altes schwedisches Studentenlied” abgeändert. Diese Fassung enthielt eine vierte Strophe, deren Zeilen heute nicht mehr geläufig sind und das Ziel der Wanderung beschreiben: Das Reich des Vogels Phönix „mit seinen Märchenhallen aus Rubinen und Kristallen”. Das führende Mitglied des Wandervogels, Walther Hensel, kürzte das Lied, strich die vierte Strophe und benannte es in „Im Frühtau zu Berge” um.
Es ist diese letzte Fassung, die insbesondere in jugendlichen Gebrauchsliederbüchern auftritt, aber auch in christlichen und sozialistischen Kreise Eingang fand, um ein Einheitsgefühl zu schaffen. Zur Zeit des Nationalsozialismus konnte „Im Frühtau zu Berge” in mehreren Liedersammlungen der Hitlerjugend und des Bundes Deutscher Mädel gefunden werden. Populär wurde es auch durch seine Aufnahme in die Mundorgel, einem Fahrten-Liederbuch für Jugendliche.
Die bekannteste Parodie des Liedes stammt von dem Schriftsteller Dieter Höss, der aus dem Original ein „Millionärs-Lied" schuf, das mit den Worten „Beim Frühstück sie sehn, fallera, / wie schlecht ihre Aktien wieder stehn, fallera” beginnt.
Bianca Geurden
Text
1. Im Frühtau zu Berge wir gehn, vallera, es grünen die Wälder, die Höhn, vallera. Wir wandern ohne Sorgen und singen in den Morgen noch ehe im Tale die Hähne krähn.
2. Ihr alten und hochweisen Leut, vallera, ihr denkt wohl, wir sind nicht gescheit, vallera! Wer sollte aber singen, wenn wir schon Grillen fingen in dieser herrlichen Frühlingszeit!
3. Werft ab alle Sorgen und Qual, vallera, und wandert mit uns aus dem Tal, vallera! Wir sind hinausgegangen, den Sonnenschein zu fangen: Kommt mit und versucht es doch selbst einmal!
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Noten und Melodie gesetzt von Hanna Glietz
Foto: © Anna Hein