Wann immer das alte Jahr vergangen ist und ein neues beginnt, resümiert der Mensch über die Erfahrungen und Erlebnisse des vergangenen und baut Erwartungen und Hoffnungen gegenüber dem neuen Jahr auf. Fontanes Gedicht setzt sich mit eben diesen Fragen auseinander. Doch ist sein geführter Monolog weitreichender. Denn mit zunehmendem Alter wird nicht nur ein Fazit über ein vergangenes Jahres gezogen, sondern das gesamte Leben versucht zu überblicken. Die schönen ebenso wie die schlechten Zeiten. Und es stellt sich am Lebensabend des Weiteren die Frage, wie viel Zeit auf Erden noch verbleiben wird und wie diese Lebenszeit verlaufen wird.
Carolin Eberhardt
Und wieder hier draußen ein neues Jahr –
Was werden die Tage bringen?!
Wird’s werden, wie es immer war,
halb scheitern, halb gelingen?
Wird’s fördern das, worauf ich gebaut,
Oder vollends es verderben?
Gleichviel, was es im Kessel braut,
Nur wünsch‘ ich nicht zu sterben.
Ich möchte noch wieder im Vaterland
Die Gläser klingen lassen,
Und wieder noch des Freundes Hand
Im Einverständnis fassen.
Ich möchte noch wirken und schaffen und tun
Und atmen eine Weile,
Denn im Grabe auszuruhn,
Hat’s immer Not und Eile.
Ich möchte leben, bis all dies Glühn
Rücklässt einen leuchtenden Funken
Und nicht vergeht wie die Flamm‘ im Kamin,
Die eben zu Asche gesunken.
*****
Bildquellen:
Vorschaubild: Colophon de l'imprimeur libraire Jean Setzer (ou Johann Secerius) de Haguenau, 16. Jahrhundert via Wikimedia Commons Gemeinfrei.
Vierblättriges Kleeblatt, 2016, Urheber: StarGlade via Pixabay CCO.