Wenn man Buschs Gedichte und Bildergeschichten liest, verstärkt sich immer mehr der Eindruck, dass er zwar zu vielerlei lustigen Späßen aufgelegt, zugleich aber auch sehr gefühlsroh war. Das zeigt sich beim Ende von Max und Moritz, wo beide Jungs in einer Mühle zermahlen werden. Es zeigt sich auch beim Tod der frommen Helene, die grausam im Feuer umkommt. Buschs Leser haben seine Grausamkeiten aber nicht als Realitäten, sondern als symbolische Überspitzungen wahrgenommen. So gesehen lassen sie sich auch heute noch ertragen.
Beim "Vogel mit Humor" kann man sich an den gelungenen Reimen erfreuen und muss überlesen, dass der arme Vogel hinterhältig von einem Menschen mit Leim eingefangen wurde. Das macht allerdings auch den Kick der Geschichte aus. Würde das Tier nicht am Ast festkleben, könnte es davonfliegen und müsste nicht quirilieren.
Rita Dadder
Es sitzt ein Vogel auf dem Leim,
Er flattert sehr und kann nicht heim.
Ein schwarzer Kater schleicht herzu,
Die Krallen scharf, die Augen gluh.
Am Baum hinauf und immer höher
Kommt er dem armen Vogel näher.
Der Vogel denkt: Weil das so ist
Und weil mich doch der Kater frißt,
So will ich keine Zeit verlieren,
Will noch ein wenig quinquilieren
Und lustig pfeifen wie zuvor.
Der Vogel, scheint mir, hat Humor.
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Zeichnung/en von Wilhelm Busch, coloriert u.teilw. bearb. von Rita Dadder