Ein Efeu und ein Thymiangesträuch kamen miteinander ins Gespräch und der Efeu sagte zum Thymian: „Du dauerst mich, weil du nur ein niedrig wachsender Bodendecker bist und in gedrückter Haltung auf der Erde kriechst. Ich dagegen strebe dem Himmel zu. An einem großen Eichenbaum ranke ich mich empor bis hoch in die Spitze seines Geästs. Bis in die Wolken erheben sich meine Blätter.“
Da antwortete der Thymian: So ist es und darüber will ich nicht mit dir streiten, doch ich bewege mich selbständig auf der Erde, während du, um dich zu entfalten, die Unterstützung des Baumes brauchst und dich an ihm festklammern musst. Ohne ihn würdest du auf der Erde kümmern. Hättest du nicht den Baum, an den du dich anschmiegen kannst, müsstest du noch mehr als ich auf dem Boden kriechen.“
Ähnlich, so schreibt der Fabeldichter, ist es auch mit den Menschen. Viele verhalten sich wie der stolze Efeu. Sie brüsten sich mit Gedanken und Worten, die bereits andere vor ihnen gedacht haben. Sie entwickeln nichts selbst, sondern ahmen nach und schmücken sich mit fremden Blumen, die sie bei den Griechen und Römern gepflückt haben.
Fazit: Wer emporstrebt, muss sich an Bewährtem festhalten, sollte aber nicht so tun,
als ob er ohne Hilfe auskommen würde.