Grabbe ist literarisch schwer einzuordnen, seiner Zeit (wie Büchner) vorauseilend, am ehesten dem Realismus zuzuordnen, dessen Drama er mit angeregt hat.
Sein Leben (wie sein Schaffen) war gezeichnet von Maßlosigkeit. Geboren zu Detmold als Sohn des dortigen Zuchthausaufsehers, studierte er Jura, wollte aber Schauspieler werden. 1827-1834 wirkte er als Militäranwalt in Detmold, wurde dann aber wegen Undiszipliniertheit und Trunksucht entlassen. Auf Einladung Immermanns ging er ans Düsseldorfer Theater. Schon bald aber kam es zum Bruch mit Immermann. Krank und verschuldet kehrte er nach Detmold zurück. Sein starkes Selbstgefühl entfremdete ihm alle Gönner, sein zuchtloses Leben machte ihn im Beruf unmöglich und zerrüttete ihn körperlich und geistig. Als einer der unglücklichsten deutschen Dichter, in jeder Weise zermürbt und zerbrochen durch eigene Schuld, unglückliche Veranlagung, die ihn die Welt nur von "allmächtiger Bosheit" gelenkt sehen ließ, unglückliche Ehe der Eltern und seine eigene, an seinem Schicksal und dem Leben verzweifelnd, starb er in jungen Jahren.
Dramen:
- „Herzog Theodor von „Gotland", 1827
- „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung", 1828, Lustspiel
- „Don Juan und Faust", 182v. "Kaiser Friedrich Barbarossa", 1829
- „Kaiser Heinrich VI.‘, 1829
- „Napoleon oder die hundert Tage", 1831
- „Hannibal" 1835
- „Die Hermannsschlacht", 1835
- „Marius und Sulla", 1827
Weitere Entwürf zu „Alexander", „Christus", „Cid" u. a.
Grabbe ist ein wilder Nachfahre der Autoren des Sturm und Drang, wie diese genial. Innerlich war er zerrissen, maßlos und selbstzerstörerisch, mit einer absolut pessimistischen, nihilistischen Auffassung von Welt und Mensch. Zusammen mit Georg Büchner war er einer der frühesten Vertreter des realistischen, ja naturalistischen Dramas. Sein ganzes Werk ist ein wilder Protest gegen das klassische Kunstideal.
Er wollte seiner Zeit den Sinn für Größe, Kraft und Erhabenheit zurückgeben, war aber selbst erschüttert von der Ohnmacht des Menschen, der ihm ein Spielball des Schicksals schien. Themen sind ihm die ganz Großen, die über der verächtlichen Menge stehenden Herren, die Übermenschen, die Giganten, Titanen des Genusses, des Strebens, der brutalen Gewalt. An ihnen zeigte er, wie alles Gigantische scheitert am Unverstand der feigen und trägen Mittelmäßigkeit. Immer soll der von der Masse, die nach Augenblicksgewinn trachtet, im Stich gelassene genialische Mensch vorgestellt, die Gemeinheit, das Bestialische im Menschen entlarvt werden. Aber Grabbes Dramen sollten über das herkömmliche Heldendrama hinausgehen, wo „alles sich um einen Götzen dreht". „Das jetzige Theater taugt nichts, meines sei die Welt!", schrieb er. Er rang um ein geschichtliches Volksdrama, in dem mit dem Helden zugleich die großen Volksmassen (ganze Heere und Schlachten) auf der Bühne dargestellt werden sollten. In der Meisterung großer Volksmassen ging er aber über das Menschenmögliche hinaus und schrieb schließlich nur noch ein Theater der Phantasie.
Die Form ist bis zum äußersten gelockert; rasch wechselnde Bilderfolgen (vor allem von Massenszenen) ohne innere Einheit; die Stücke oft nicht in Akte, sondern nur in Tage und Nächte eingeteilt. Seine der Bühnenwiedergabe spottenden Anforderungen (Wechsel und Größenmaß der Szenen) nehmen häufig den modernen Film vorweg.
Gedanken und Sprache sind meisterhaft, voll ungestümem Temperament, Phantasie, lebenssprühender Originalität, Gedankenschärfe, nihilistischem Zynismus, krassem Naturalismus. In allem offenbart sich ein selbstzerstörerisches, maßloses, geniales Talent, das sich selbst nicht mehr ernst nimmt, (Einfluss von E.T.A. Hoffmann). Vergleiche die sich selber aufhebende Komödie „Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung", worin das Leben, vor allem die Literatur verspottet wird und in sarkastischer Selbstironie die Hauptpersonen des Dichters Grabbe eigene Charakterzüge spiegeln und Grabbe am Schluss selbst auftritt. Die tiefere Bedeutung ist die Skepsis des Dichters auch gegenüber der eigenen Skepsis, eine wilde Ausgeburt eines verwüsteten Gehirns.