Von Platens Busento-Ballade erfreut sich auf Grund ihrer schönen Reime und Metrik sowie wegen der ergreifend dargestellten nächtlichen Zeremonie eines Helden-begräbnisses in fremder Erde bis heute großer Beliebtheit. Das gelungene Stimmungsbild lässt übersehen, dass der deutsch-national gesinnte Dichter, der von 1796 bis 1835 lebte, sich zu einer wohl ungewollten Ironie hinreißen ließ.
Der germanische Stamm der Westgoten unter seinem jungen König Alarich hatte zuvor mehrfach Rom belagert, erpresst und schließlich auch erobert und ausgeraubt. Eines Römers „schnöde Habsucht" wäre demnach von dem Willen getragen gewesen, sich das gestohlene Gut wieder zurückzuholen.
Florian Russi
Das Grab im Busento
Nächtlich am Busento lispeln, bei Cosenza, dumpfe Lieder,
Aus den Wassern schallt es Antwort, und in Wirbeln klingt es wieder!Und den Fluss hinauf, hinunter, ziehen die Schatten tapfrer Goten,
Die den Alarich beweinen, ihres Volkes besten Toten.Allzu früh und fern der Heimat mussten hier sie ihn begraben,
Während noch die Jugendlocken seine Schulter blond umgaben.Und am Ufer des Busento reihten sie sich um die Wette,
Um die Strömung abzuleiten, gruben sie ein frisches Bette.In der wogenleeren Höhlung wühlten sie empor die Erde,
Senkten tief hinein den Leichnam, mit der Rüstung, auf dem Pferde.Deckten dann mit Erde wieder ihn und seine stolze Habe,
Daß die hohen Stromgewächse wüchsen aus dem Heldengrabe.Abgelenkt zum zweiten Male, ward der Fluss herbeigezogen:
Mächtig in ihr altes Bette schäumten die Busentowogen.Und es sang ein Chor von Männern: Schlaf' in deinen Heldenehren!
Keines Römers schnöde Habsucht soll dir je dein Grab versehren!Sangen's, und die Lobgesänge tönten fort im Gotenheere;
Wälze sie, Busentowelle, wälze sie von Meer zu Meere!
*****
Bildnachweise:
- Vorschaubild: Der Dichter August Graf von Platen-Hallermünde auf einem Ölgemälde von Moritz Rugendas um 1830.
- Der Tod des Alarich. Zeichnung von Heinrich Leutemann, veröffentlicht 1895.