Johann Walther, Luthers Musikberater, hat zu der hier vorliegenden Melodie aus dem Jahr 1545 (der Urheber ist unbekannt) eine Umdichtung des ursprünglichen Textes vorgenommen. Das Lied stellt eine Lobeshymne auf die Sommerzeit dar, deren Beginn nach der Auffassung der damaligen Zeit allerdings bereits im Mai, und nicht erst wie heute im Juni, zu vermerken ist. Dennoch können wir diesen Fakt ruhig ignoriern und das Lied als Sommerlied bezeichnen. Denn in unserem heute später beginnenden Sommer zeigt sich ebenso eine Blumenpracht, die Kinder auch schon mal zum Binden von Blumenkränzen anregt. Junge Mädchen machen das wohl heute eher nicht mehr, um ihren Liebsten zu beeindrucken. Für einen Kuss braucht es nicht zwingend einen Vorwand oder ein Präsent.
Der mittelalterliche Ursprung der Melodie zeigt sich neben der ungewöhnlichen Tonfolge auch in dem heute unüblichen Akkordwechsel. Dennoch lässt sich das Lied auch heute noch gut singen. Eventuell könnte dabei der Text den ein oder anderen zum Schmunzeln oder zu der Frage bringen, ob sich da vielleicht jemand verschrieben hat. Es zeigt sich, wie stark sich die deutsche Sprache in den annährend 500 Jahren gewandelt hat.
Es bleibt ein Hoch auf den Sommer, das Lied strömt eine ungezwungene Fröhlichkeit aus und regt zum Mitsingen an. Heute ist es im Evangelischen Gesangbuch zu finden. Aber auch das „Wunderhorn“ griff es bereits im 19. Jahrhundert auf. Sogar Goethe äußerte sich zu den in Strophe 2 bis 4 erwähnten Sommergewächsen wie folgt: „Wenn man die Blumen nicht so entsetzlich satt hätte, so möchte dieser Kranz wohl artig sein.“
Carolin Eberhardt
1. Strophe
Herzlich tut mich erfreuen
die fröhlich Sommerzeit,
all mein Geblüt verneuen,
der Mai viel Wollust heut.
Die Lerch tut sich erschwingen
mit ihrem hellen Schall,
lieblich die Vöglein singen,
voraus die Nachtigall.
2. Strophe
Der Kuckuck mit dem Schreien
macht fröhlich jedermann!
Des Abends fröhlich reihen
die Meidlein wohlgetan.
Spazieren zu dem Bronnen
pflegt man zu dieser Zeit,
all Welt sucht Freud und Wonnen
mit Reisen fern und weit.
3. Strophe
Es grünet in den Wäldern,
die Bäume blühen frei,
die Röslein auf den Feldern
von Farben mancherlei;
Ein Blümlein steht im Garten,
das heißt: Vergiss nicht mein,
das edle Kraut Wegwarten
macht guten Augenschein.
4. Strophe
Ein Kraut wächst in der Auen
mit Namen Wolgemuth,
hebt sehr den schönen Frauen,
dazu die Holderblut;
die weiß und roten Rosen,
hält man in großer Acht,
kann Geld daraus gelosen,
schön Kranz man daraus macht!
5. Strophe
Das Kraut jelänger jelieber
an manchem Ende blüht,
bringt oft ein heimlich Fieber
wer sich nicht darüf hüt;
ich hab es wohl vernommen,
was dieses Kraut vermag,
doch kann man dem vorkommen:
Wer Maßlieb braucht all Tag.
6. Strophe
Des Morgens in der Taue
die Meidlein waschen gan,
gar lieblich sie anschauen
die schönen Blümlein stan,
daraus sie Kränzlein machen
und schenken ihrem Schatz.
Tun sie freundlich anlachen
und geben ihn ein Schmatz.
7. Strophe
Darum lob ich den Summer,
darzu den Maien gut,
der wendt uns allen Kummer
und bringt viel Freud und Mut;
der Zeit will ich genießen,
dieweil ich Pfenning hab;
und wen es tut verdrießen,
der fall die Stiegen ab!
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Vorschaubild: illustrations/blumen-paar-liebe-kunstwerk-sommer-7937665/, Urheber: nini kvaratskhelia auf Pixabay.
Notensatz: Carolin Eberhardt.